Neue Formen der Stromübertragung können Energie sparen und den
CO₂-Ausstoß reduzieren helfen. Bei DEMO200 soll starker Gleichstrom ohne Verluste zum industriellen Verbraucher fließen.
Zum Einschmelzen von Aluminium, in der Chloralkali-Elektrolyse oder bei großen Datencentern werden sehr große Mengen elektrischer Energie benötigt. In den industriellen Starkstromleitungen geht jedoch ein Teil des Stroms durch elektrischen Widerstand verloren. Je mehr Strom fließt, desto mehr fallen solche Einbußen ins Gewicht. Der nutzlose Verbrauch treibt die Kosten in die Höhe, und wo der Strom aus fossilen Energiequellen stammt, lässt der Übertragungsverlust den CO₂-Ausstoß ansteigen.
Supraleitung für 200 Kiloampere
Die Physik kennt ein wirksames Mittel, um den Widerstand zu minimieren: die Supraleitung. Sie benötigt allerdings beträchtlichen technischen Aufwand und kann derzeit nur auf begrenzten Strecken realisiert werden. Besonders interessant ist dieser Ansatz daher für die stromintensive Industrie. Beim Projekt DEMO200 soll ein supraleitendes Stromschienensystem mit einer Kapazität von 200 Kiloampere zur Serienreife entwickelt werden. Das ist das Zehnfache dessen, was bisher verwirklicht wurde.
Bereits für die Testläufe wird also eine enorme Stromstärke gebraucht. Deshalb hat man das Pilotprojekt in der Aluminiumhütte von Trimet in Voerde untergebracht. Dort ist die Starkstrom-Infrastruktur ohnehin vorhanden und kann für die Versuche mitgenutzt werden. Die Federführung hat dabei der Supraleitungspionier Vision Electric Super Conductors. Neben Trimet und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sind die Unternehmen Theva Dünnschichttechnik, Deutsche Nanoschicht und Messer an der Entwicklung beteiligt.
Kälte lässt Widerstand verschwinden
Eine sehr tiefe Temperatur ist die unabdingbare Voraussetzung für die verlustfreie Supraleitung. Messer hat eigens für die Kühlung der Stromschiene in Voerde einen neuen technischen Ansatz entwickelt. Die Betriebstemperatur der Schiene beträgt minus 206 Grad Celsius. Bei dieser extremen Kälte bewegen sich die Elektronen ohne Widerstand, es gibt also keine Leitungsverluste mehr. Die Lagertemperatur von flüssigem Stickstoff liegt nahe seiner Siedetemperatur von minus 196 Grad. Das bedeutet, dass das Gas für diese Anwendung auf eine noch tiefere Temperatur „unterkühlt“ werden muss.
Zu diesem Zweck wird das Flüssiggas in einen „Unterkühler“ geleitet. Das ist ein vakuumisolierter Behälter, in dem der
Stickstoff durch die Entspannung im Unterdruck auf minus 209 Grad Celsius abkühlt. Das Prinzip wurde schon beim
AmpaCity-Projekt in Essen genutzt, für Demo200 wurde die Technologie weiter optimiert. Sie kommt hier ohne die bisher benötigte Pumpe zum Umwälzen des flüssigen Gases aus und arbeitet damit noch effizienter.
Außerdem wird die Stickstoffkälte jetzt quasi noch einmal verwendet, nachdem das Gas die Stromschiene gekühlt hat. Es ist an diesem Punkt mit rund minus 200 Grad Celsius immer noch extrem kalt. Der
Stickstoff wird zur Stromzuführung geleitet und kühlt dort den Übergang zwischen der herkömmlichen Stromleitung und der supraleitenden Stromschiene. An dieser Stelle entsteht unvermeidlich Wärme. Diesen Störfaktor vom tiefkalten Supraleiter fernzuhalten, ist ein Kernstück der Neuentwicklung bei
Demo200. Dazu leistet die Technologie von Messer einen entscheidenden Beitrag.
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