Gesetzliche Vorschriften begrenzen die Freisetzung der Basischemikalie Methylchlorid in die Atmosphäre während der Produktion, des Transports, der Lagerung oder der Verwendung. Zwei große Unternehmen verwenden tiefkalten Stickstoff, um Methylchloriddampf zu kondensieren und zurückzugewinnen. Dabei kommen mehrere verschiedene Verfahren zum Einsatz.

Wie lassen sich effiziente Produktion und Logistik mit zuverlässigem Umweltschutz verbinden? Diese Frage stellt sich in der chemischen Industrie regelmäßig. So zum Beispiel bei der Verarbeitung von Chlormethan (CH₃Cl) - so die formale chemische Bezeichnung für einen Stoff, der eher als Methylchlorid bekannt ist.

Dieser bei Raumtemperatur gasförmige Chlorkohlenwasserstoff ist auf Dauer gesundheitsschädlich und leicht entzündlich. Er wird jedoch in großen Mengen benötigt, um unter anderem Tenside, Wasseraufbereitungsmittel, Silikone und Butylkautschuk herzustellen, die für zahlreichen nützlichen Alltagsprodukten verwendet werden.

Wärmetauscher plus Adsorber

Nobian ein europäischer Marktführer in der Herstellung von Salz, Grundchemikalien und Energie für die Industrie, ist einer der größten Lieferanten dieses Grundstoffs. Das Unternehmen produziert Methylchlorid im Industriepark Höchst in Frankfurt am Main, Deutschland. Von dort aus wird das unter Druck verflüssigte Methylchlorid per Trailer oder Kesselwagen zu den Kunden transportiert. Um den Entladevorgang in die Lagertanks der Kunden zu beschleunigen, wird Stickstoff mit hohem Druck in die Tankwagen eingeleitet. Nach dem Entladen werden die Frachtbehälter mit einem Restgemisch der beiden Gase an Nobian zurückgeschickt.

Bevor sie wieder befüllt werden können, muss dieses Gemisch entfernt werden, ohne dass Methylchlorid in die Atmosphäre entweicht. Eines der Mittel, um eine solche Freisetzung zu verhindern, ist die Verwendung von tiefkaltem Flüssigstickstoff: Das Abgas wird durch einen Wärmetauscher geleitet. 

Dieser kühlt den flüssigen Stickstoff in einem speziellen Kondensator auf genau minus 95 Grad Celsius ab, das ist genau 1 Grad Celsius über dem Schmelzpunkt des Methylchlorids. Der größte Teil des Methylchlorids kondensiert dort und kann sofort wiederverwendet werden. Ein Molekularsieb absorbiert den restlichen Anteil, der mit dieser Methode nicht aufgefangen werden kann. Für den Betrieb dieses Absorbers wird ebenfalls Stickstoff benötigt. Er dient dort zwei Zwecken:

  • flüssiger Stickstoff wird verwendet, um eine konstant niedrige Betriebstemperatur zu halten, und
  • gasförmiger Stickstoff wird für die Regenerieren verwendet.

Diese Verfahrenskombination wurde speziell für Nobian entwickelt, um die kontinuierliche Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zu gewährleisten und die Freisetzung von Methylchlorid in die Umgebungsluft zu verhindern.

Rein kryogenes Verfahren

Bei der Entwicklung und Installation dieses Verfahrens in Höchst war Messer ebenso federführend wie bei einer etwas anderen Art der Rückgewinnung, die Evonik in Steinau verwendet. Der Spezialchemie-Hersteller benötigt Methylchlorid für die Herstellung von Tensiden, dem zentralen Bestandteil der meisten Reinigungsmittel. Das CH₃Cl reagiert dabei aber nicht vollständig mit den anderen Bestandteilen, eine Restmenge bleibt im Produkt gelöst und muss daraus entfernt werden. Das geschieht, indem man im Reaktor einen Unterdruck erzeugt und das überschüssige Methylchlorid verdampfen lässt.

Der nächste Schritt verläuft ähnlich wie bei Nobian: Der Dampf wird durch einen stickstoffgekühlten Wärmetauscher geleitet, der in einem Wärmeträgerkreislauf integriert ist. Dort kondensiert das Methylchlorid und erzeugt dabei gleichzeitig den erforderlichen Unterdruck zur Entleerung der Reaktoren. Anschließend gelangt das Lösemittel als unterkühlte Flüssigkeit zurück in den Produktionsprozess. Um auch die nicht kondensierten Anteile zurückzugewinnen, ist hier statt des Adsorbers eine zusätzliche Ausfrierstufe installiert, die ihre Kälte ebenfalls aus dem Stickstoff bezieht. Das Recycling ist also ein rein kryogenes Verfahren. Es kann hier genutzt werden, weil bei der Tensidproduktion der Inertgasanteil im Prozessgas wesentlich kleiner ist als bei der Entleerung der Kesselwagen.

Die Kryokondensationsverfahren für Methylchlorid sind besonders wirtschaftlich, weil der zur Kühlung verwendete Flüssigstickstoff nach seiner Verdampfung in den Apparaten als Gas in das Werksnetz des jeweiligen Betriebs eingespeist wird. Der Stickstoff wird somit doppelt genutzt, zur Kühlung und zum Inertisieren.

 

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